Ein Hund aus dem Tierschutz kommt ins Haus – hier ein paar Tipps für die ersten Wochen
Wenn der Hund ankommt:
Wenn nun Ihr neuer Gefährte in Deutschland ankommt, dann ist es ganz wichtig, dass er gut gesichert wird, damit er nicht gleich beim Einladen oder beim Aufmachen der Autotüren wegläuft. Das Risiko am Flughafen haben wir nicht, da unsere Tiere erst bei uns zu Hause aus den Boxen geholt werden.
Wenn Sie Ihren Hund in einer Box transportieren, sichern Sie ihn trotzdem mit der Leine, damit Sie ihn sofort im Griff haben, wenn die Box aufgeht. Dasselbe gilt auch für den Transport im Kofferraum oder auf der Rücksitzbank. Bitte grundsätzlich irgendwo sichern (anbinden) damit der Hund, auch wenn er in Panik raus springt noch an der Leine gesichert ist.
Der erste Gang durch Ihre Wohnung bzw. Ihr Haus sollte an der Leine gemacht werden. Geben Sie dadurch dem neuen Familienmitglied gleich die Sicherheit, dass Sie da sind, wenn er die Wohnung erkundet. Zeigen Sie ihm alles und bleiben Sie ganz ruhig dabei.
Auch Familienmitglieder oder Freunde sollten nicht gleich alle über den Neuankömmling „herfallen“ und ihn bedrängen. Ein Hund aus dem Tierschutz hat oft eine Vergangenheit und man darf nicht meinen, er ist nun gerettet und darüber sehr dankbar. Nein, er hat erst einmal Angst vor der neuen Situation und sollte daher nicht sofort mit aller „Liebe“ überschüttet und vielleicht überfordert werden.
Auch wenn der Hund sehr zutraulich erscheint und Sie überall hin verfolgt oder auch im Garten auf Zurufen herkommt, lassen Sie die Hunde bitte eine lange Zeit an der Leine (mindestens 6-8 Wochen). Sie kennen das Tier noch nicht und Sie wissen noch nicht, was Panikauslöser bei ihm sein könnten. Ein Geräusch oder eine Begebenheit, der Sie gar keine Bedeutung zumessen, kann einen Hund in die Flucht schlagen. Deshalb nochmal unsere Bitte: Lassen Sie die Hunde angeleint, bis Sie absolut sicher sind, dass ein Freilauf nicht in einer Suchanzeige endet.
Futter:
Bitte geben Sie ihrem Hund gutes Futter (teuer heißt hier aber nicht immer gut, es gibt diverse Testergebnisse der Stiftung Warentest) und stellen Sie es ihm nicht den ganzen Tag zur Verfügung. Futter, welches nicht innerhalb von 5 Minuten gefressen ist, sollte weggestellt werden. Der Hund muss lernen, dass Sie der Futtergeber sind und er nicht ununterbrochen Zugriff darauf hat.
Futter ist Ihr Hilfsmittel zur Erziehung, es macht Sie zum Rudelführer. Derjenige, der Futter beschafft, ist der Boss.
Die ersten Tage mit dem neuen Familienmitglied:
Grundsätzlich beginnt die Erziehung eines Hundes immer schon am 1. Tag des Ankommens. Ein Hund braucht keine Eingewöhnungszeit, er braucht sofort klare Regeln. Dies verlangt vor allem Konsequenz.
Wenn Sie es nicht mögen, dass ihr Hund auf dem Sofa oder auf dem Bett schläft, sollte man es auch nicht zulassen, nur weil er neu ist und sich eingewöhnen soll. Wenn Sie es nicht wollen, lernt er es sofort vom ersten Tag an.
Sollte Ihr neuer Freund noch nicht stubenrein sein, dann liegt es vielleicht ganz einfach daran, dass er noch keine Wohnungen kennt. Er kann noch nicht unterscheiden zwischen Pipi draußen oder Pipi drinnen machen.
Gehen Sie oft mit ihm raus; ist es ein Welpe, dann sofort nach dem Aufstehen und sofort nach dem Fressen. Wenn er dann draußen sein Geschäft macht, loben Sie ihn dafür und zwar sofort innerhalb von 2-4 Sekunden – ansonsten vergisst er, für was er gelobt wird. Wenn er mal drinnen pieselt oder kackt, schimpfen Sie bitte NICHT, es bringt sowieso nichts. Einfach wegputzen und damit ist die Sache erstmal erledigt.
Bitte tunken Sie NIEMALS die Nase des Hundes in seine Exkremente… NIEMALS… das ist eine seit Jahren überholte „Erziehungsmaßnahme“, die leider noch weit verbreitet ist. Ein Hund riecht 1000-mal besser als wir Menschen und wir tauchen doch unsere Babys auch nicht in ihre Windel. Stubenreinheit kann erlernt werden, man braucht einfach nur Geduld. Es kann auch sein, dass der Neuankömmling sein neues Zuhause markiert, dann müssen Sie einschreiten. Nehmen Sie ihn dazu an die Leine und verhindern es, indem Sie ihn blockieren, wenn er sein Beinchen heben möchte.
Die ersten Tage wird (fast) jeder Neuankömmling sehr zurückhaltend und „lieb“ sein. Lassen Sie sich dadurch nicht täuschen, jeder Hund verhält sich erstmal so, da er nicht wissen kann, was auf ihn zukommt. Er checkt sozusagen die Lage und er checkt Sie mit egoistischen Augen. Er beobachtet Sie, Ihr Handeln, Ihre Reaktionen. Er weiß sehr schnell, wen in der Familie er um die Pfote wickeln kann und wen nicht.
Seien Sie bitte immer konsequent im Umgang mit Ihrem Hund und zeigen Sie ihm seine Grenzen.
Nach einer – oder zwei Wochen wird sich das Wesen Ihres Hundes schon deutlich verändern. Er wird sein bis dahin erstandenes Wissen anwenden. Er wird eventuell unangenehm und fordernd da er seine Grenzen austesten will (ähnlich wie bei Kleinkindern). Seien Sie sich bewusst, dass sich hier der zukünftige gemeinsame Weg entscheidet. Lässt man alles zu, wird ein jetzt noch geduldetes Verhalten zum Problem (Beispiel Füttern vom Tisch etc.).
Bei Kindern in der Familie:
Auch Kinder müssen dringend Regeln beachten. Der Hund braucht einen Platz, auf den er sich zurückziehen kann, Ruhe findet und wo ihn auch die Kinder in Ruhe lassen müssen. Es ist seine Rückzugszone, die jedes Familienmitglied respektieren sollte. Am besten wäre ein Platz, der nicht zentral in der Wohnung ist und nicht jeder ständig dran vorbeigehen muss.
Ein aufgeregter oder nervöser Hund ist nicht unterfordert, wenn man sich nicht den ganzen Tag mit ihm beschäftigt. Er könnte durch stundenlanges Spielen eher überfordert werden.
Allgemeines:
Bitte lassen Sie den Hund nicht sofort ohne Leine laufen. Sie wissen noch nicht, was Auslöser für eventuelle Ängste sein kann. Es könnte ein Knall sein, der den Hund derart erschreckt, dass er flieht. Aber auch ein noch nie gesehenes Gefährt (Traktor, Fahrrad, Kinderwagen etc.) könnte einen Hund zur Flucht verleiten. Beobachten Sie die Reaktionen Ihres Tieres und lernen so sein Verhalten zu lesen.
Bei Schwierigkeiten gibt es auch die Möglichkeit, mit Ihrem Vierbeiner einen Hundetrainer oder eine Hundeschule aufzusuchen. Bitte in diesem Fall nicht zu lange warten. Je frühzeitiger, desto schneller kann die Ursache behoben werden. Meist muss der Mensch den Umgang mit dem Hund erlernen und nicht andersrum.
Ein paar Beispiele für Aussagen von Hundehaltern, wenn Probleme auftauchen:
„heute ist er nicht gut aufgelegt“…
stimmt nicht, der Hundehalter hat schlechte Laune und überträgt sie auf den Hund.
„es nervt, er zieht wie verrückt an der Leine“…
…woher soll denn der Hund wissen, was wir wollen, wenn wir zurück zerren? Was soll der Hund lernen, wenn wir einen Leinenruck machen, wenn er nicht gezeigt bekommt, was wir von ihm erwarten?
„er mag keine anderen Hunde und greift daher an, ohne Leine geht das besser“…
…der Hund macht aus seiner Sicht erstmal alles richtig, da er an der Leine keine Fluchtmöglichkeit hat. Darum übernimmt er die Verantwortung, wenn sein Herrchen/Frauchen sie ihm nicht abnimmt. Sie müssen dem Hund erst zeigen, dass er uns vertrauen kann und dass ihm nichts passiert, wenn er mit Ihnen an der Leine spazieren geht.
„der Hund liebt mich, er verfolgt mich überall hin“
…das kann eine sehr trügerische Meinung sein, denn oft „kontrolliert“ der Hund seine Futterquelle, den Mensch. Das ist ein Verhalten, das zu einem großen Problem werden kann, wenn Sie dies zulassen.
Selbstverständlich steht Ihnen das Team von Help for Paws Stuttgart e.V. jederzeit hilfreich zur Seite. Manchmal können auch wir durch unsere langjährige Hundeerfahrung Tipps bei Problemen geben.
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